Im Februar 1962 wird von den Brüdern Boris und Eduard Franzke zusammen mit einer dritten Person ein Tunnel gestartet, der aus einem Schuppen auf dem Gelände zwischen den Häusern Heidelberger Straße 26 und 27 heraus in einer leer stehenden Garage auf dem Grundstück Heidelberger Straße 83 enden soll. Zu Beginn graben die drei Bauer zwei Meter in die Tiefe und orientieren sich von da aus nach vorne. Über einen Zeitraum von fast drei Wochen wird gearbeitet. Den anfallenden Sand lagern die Tunnelbauer dabei im Schuppen, bis sie die ca. 25m entfernte Ostseite erreichen. Die Flucht ist für den 22. Februar terminiert, jedoch stellen die Grabenden vor ihrem Durchbruch fest, dass sie sich verkalkuliert haben und nicht in der Garage, sondern kurz hinter dem Stacheldraht neben dem
Heidelberger Straße zwischen Elsen- und Wildenbruchstraße, der ungefähre Tunnelverlauf ist markiert. Skizze eines Westberliner Polizisten des zuständigen Polizeireviers in der Wildenbruchstraße. Quelle: Mann, 2005, Tunnelfluchten. Transit Buchverlag. Berlin. S.112.
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anvisierten Punkt ankommen würden. Hinzu kommen vermehrte Aktivitäten von Zivilpersonen und uniformierten Grenzposten in der Sowjetischen Besatzungszone, die Kontrollen in dem Gebiet durchführen. Die Stasi ist durch Verrat auf das Projekt aufmerksam gemacht worden. Daher wird der Durchbruch nicht vorgenommen, zeitgleich werden auch noch die auf die Flucht wartendenden Verwandten der Franzkes verhaftet:
„Als dann diese Tunnelaktion von unserer Seite hätte durchgeführt werden sollen, sind dann meine Verwandten alle verhaftet worden. Also seine [der Bruder Eduard, S.S.] Frau ist verhaftet worden, einer meiner Brüder ist verhaftet worden, meine Mutter ist verhaftet worden. Die haben sie aber nach ein, zwei Tagen wieder gleich freigelassen, weil sie ja nun schon eine ältere Person war. Und Freunde, Verlobte von Freunden, also alle die, die mitwollten, die sind damals verhaftet worden.“ (Boris Franzke im Interview)
Als Konsequenz wird der Tunnel von den drei Beteiligten aufgegeben und sein Verlauf ebenso wie das Einstiegsloch im Westen wieder zugeschüttet, ohne dass Flüchtlinge je den fast fertiggestellten Weg in die Freiheit hätten nutzen können.
Quelle: Interviews mit Boris Franzke vom 2.2.2012 und 14.5.2012
Text: Sophie Salmen